Schnelle Netze für das schnelle Geld
13.06.2011
Den heutigen Brokern muss das frühere Handzeichen zur Abwicklung eines Geschäfts an diesen Tagen wie in Zeitlupe vorkommen. Die Börse wird dominiert, aber schon lange nicht mehr von Menschen. Nach Schätzungen sollen in den USA zwischen 60 und 75 Prozent des Handelsvolumen ohne menschliches Zutun, lediglich als programmierte Reaktion auf die Ereignisse des Marktes abgewickelt werden – in Europa sind es immerhin 40 Prozent. Es sind Computer die über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Was früher noch mit einem schnellen Handzeichen vonstatten ging, geschieht heute in einem Bruchteil einer Sekunde. Deutlich wird dies an der „Matching Engine“ (Abwicklungssystem) an der New York Stock Exchange (NYSE). Diese brauchte 2005 noch 10 Sekunden zum Ausführen einer Order, nur vier Jahre später hat sich diese Zeit auf 700 Millisekunden minimiert. Angepeilt werden zwischenzeitlich nun sogar 150 Mikrosekunden!
Es liegt also auf der Hand, dass der moderne Broker vor allem eine schnelle Leitung benötigt. Um dieses Bedürfnis hat sich inzwischen ein sehr lukrativer Geschäftszweig gebildet. So wurden spezielle Infrastrukturen aufgebaut, bei denen die Netzlatenz sehr niedrig ist. Gesendete Daten, also beispielsweise Orders, sollen so schnell ans Ziel kommen. Anbieter wie Colt oder IPC Systems Inc. locken Kunden mit niedrigen Latenzzeiten auf Stecken zwischen den großen Börsenschauplätzen wie London, Paris und Frankfurt.
Wer aber einen wirklichen schnellen Zugriff möchte, der kooperiert mit sogenannten High-Frequency-Trader. Gegen diese haben die gewöhnlichen Daytrader keine Chance. HTF-Firmen wie Hyde Park, Global Investments oder Quantlab haben nämlich nicht nur eine richtig flotte Leitung, sondern sind darüber hinaus direkt beim Geschehen und Kunden der Börse. Das heißt in der Regel, dass sie Zugriff via FIX(Financial Information eXchange protocol) auf das Handelssystem haben oder sogar einen Zugriff auf die APIs der Datenbanken und Abwicklungssysteme eingeräumt bekommen. Wer das entsprechende Kleingeld hat, dem kommen die Börsen sogar noch weiter entgegen. So bieten die Börsen in unmittelbarer Nachbarschaft ihrer „Matching Engines“ auch Platz zum Aufstellen der eigenen Server. Die so eingesparte Zeit nimmt man natürlich gerne mit.
Der Bereich der schnellen Netze ist noch lange nicht ausgereizt, sodass man auf die weitere Entwicklung gespannt sein kann.